1. Geschichte
Titus Flavius Vespasianus, geboren am 17. November des Jahres 9 n. Chr. bei Reate in Sabinum, war der Sohn des Flavius Sabinus, eines Angehörigen des Ritterstandes. Bereits in jungen Jahren startete er eine erfolgreiche politische Laufbahn. Mit etwa 20 Jahren war er
tribunus militum in Thrakien, später Provinzquaestor für Kreta und die Kyrenaika (35-36?), danach Aedil (38), Praetor (39/40), Legat der Legio II Augusta (42/3-47), Suffektconsul (51), Proconsul der Provinz Africa (ca. 63-64) und Comes Neronis in Achaea (66-67). 67 n. Chr. schliesslich übernahm Vespasian das Kommando über drei Legionen, die zur Niederschlagung des Jüdischen Aufstandes eingesetzt wurden (darunter eine unter dem Befehl des Marcus Ulpius Traianus, des Vaters des späteren Kaisers Traian). Während dieser Krieg noch tobte, brachte das Vierkaiserjahr dem Römischen Reich innere Unruhen und Bürgerkriege. Vespasian, der zuerst Galba unterstützte, warf nach dessen und Othos Tod
und der Machtergreifung durch Vitellius das Gewicht seiner Armee in die Waagschale. Unterstützt durch den Präfekten von Ägypten, Tiberius Iulius Alexander, liess er sich zum Kaiser ausrufen und setzte Truppen unter Mucianus zum Marsch auf Rom ein. Unterdessen hatten sich aber die Legionen der Donauarmee ebenfalls für Vespasian erklärt und nach einem erfolgreichen Einfall in Italien am 20. Dezember 69 Rom erobert und Vitellius umgebracht. Vespasian, nun unumstrittener Kaiser, konnte sich nun die Zeit nehmen, zuerst die Dinge im Osten zu regeln und traf erst Mitte 70 n. Chr. in Rom ein.
Der neue Princeps erwies sich schon bald als nüchterner und fähiger Politiker. Er begrenzte die Zahl der Legionen, reorganisierte das unter Nero vernachlässigte Finanzwesen und betrieb eine erfolgreiche Aussenpolitik. Sein Sohn Titus, der designierte Nachfolger, hatte im Sommer 70 n. Chr. Jerusalem erobert und dem jüdischen Aufstand damit die Spitze gebrochen. In Germanien liess Vespasian die
agri decumates annektieren, um die Grenzen zu verkürzen, und in Britannien leitete er die endgültige Eroberung der Insel ein. Bekannt ist er zudem für die Grundsteinlegung des
amphiteatrum flavium, heute Kolosseum genannt, und für markante Zitate wie
pecunia non olet (Geld stinkt nicht). Zweifellos zählt Vespasian zu den fähigsten Kaisern der römischen Geschichte und hinterliess seinen Söhnen nach seinem Tod am 23. Juni 79 n. Chr. in Aquae Cutiliae ein wohlgeordnetes Reich.
2. Münzen
2.1. Allgemeines zu den Nominalen
Charakteristisch für die Münzprägung Vespasians ist die zunehmende Zentralisierung der Prägestätten im Verlauf seiner Regentschaft. Insgesamt prägten die nachfolgenden Prägestätten folgende Nominale:
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Rom: 69-79, alle Metalle und Nominale
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Lugdunum: 70-72, alle Metalle und Nominale. 77-78, nur Sesterzen, Dupondien und Asse
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Spanien, vermutlich zwei verschiedene Prägestätten: 69-70, alle Metalle und Nominale
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Unsichere frühe militärische Prägestätten:
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Gruppe 1: Moesien, 69-70, Aurei und Denare
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Gruppe 2: unsichere westliche Münzstätte, 69-70, nur Denare
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Gruppen 3-5: unsichere Münzstätten, 69-71, Aurei und Denare
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Ephesus: 70-74, Aurei, Denare und Cistophoren
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Spätere Prägestätte in Asia Minor (Ephesus?): 76, nur Denare
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Spätere Prägestätte in Asia Minor (Ephesus?): 77-78, nur AE
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Ägypten, Iudaea und Syrien:
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Gruppe 1: Alexandria (?), 69-70, nur Aurei
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Gruppe 2: Iudaea, 70, Aurei
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Gruppe 3: Antiochia, 70, Aurei und Denare
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Gruppe 4: Antiochia, 72 (?)-73, vor allem Aurei
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Gruppe 5: Antiochia, 72, Denare
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"Für Syrien" (Aurichalcum-Münzen der Prägestätte Rom): 74, nur AE
2.2. Porträt
Das Porträt von Vespasian zeichnet sich durch schonungslose Ehrlichkeit aus: uns begegnet ein stiernackiger, bulliger Kopf mit einem ausgeprägten Kinn und einer typisch römischen Hakennase. Zwischen den einzelnen Prägestätten gibt es stilistische Unterschiede, doch verändert sich das Porträt in den zehn Jahren der Herrschaft Vespasians nicht grundlegend, sieht man von den frühen, dem Vitellius angeglichenen Bildnissen ab.
Verschiedene Porträts von Vespasianus.
2.3. Motive
Neben den Standardtypen wie Pax, Vesta und anderen fallen vor allem die ausgeprägten Siegestypen mit Bezug auf den jüdischen Feldzug auf. So gehört die trauernde Iudaea wie auch Siegesquadrigae und die Victoria zu den häufigen Darstellungen auf Münzen. Bemerkenswert ist darüber hinaus der Versuch, durch die Prägung von dynastischen Denaren nach früheren Vorbildern (Augustus, Vitellius) eine gesicherte Kontinuität des Kaiserhauses zum Ausdruck zu bringen.
Sesterz des Vespasian aus der Prägestätte Rom mit IVDAEA CAPTA-Reverslegende. Das Münzbild zeigt eine trauernde Iudaea mit einem Waffenhaufen unter einer Palme sitzend, links davon ein an den Händen gefesselter Jude vor einem weiteren Waffenhaufen.
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Denar des Vespasian aus der Prägestätte Ephesos, auf der Rückseite die beiden Caesares Titus und Domitian, umgeben von der Legende LIBERI IMP AVG VESPAS.
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2.4. Münztypen